Erleichterung für Bauherren

Weil eine Stellplatzverpflichtung in der dicht bebauten Altstadt Neu- und Umbauvorhaben beeinträchtigt, will die Stadtverwaltung diese für den Bereich innerhalb der Stadtmauer aufheben.

Die Offenburger Stadtverwaltung plant, die Stellplatzverpflichtung in der Altstadt innerhalb der historischen Stadtmauer bei Neuund Umbauten aufzuheben. Das geht aus der Beschlussvorlage für den heute Abend stattfindenden Planungsausschuss hervor. So soll es Eigentümern und Bauherren erleichtert werden, Um- und Neubauten vorzunehmen, ohne dafür in der räumlich beengten Innenstadt weitere Stellplätze nachweisen zu müssen.
So solle auch der motorisierte Individualverkehr von Personen, die keine Anwohner sind, aus der Innenstadt herausgehalten werden. Diese sollen zu bestehenden Parkhäusern am Altstadtrand gelenkt werden, heißt es in der Beschlussvorlage. Die Altstadt weise aufgrund ihrer zentralen Lage eine besonders gute Anbindung an den ÖPNV auf und sei für kernstädtische Bewohner auch gut fußläufig oder mit dem Fahrrad zu erreichen.
Nach der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO) sind bei der Errichtung von Gebäuden ausreichend Stellplätze entsprechend dem dadurch ausgelösten Kfz-Verkehr herzustellen. Gemeinden sind laut Beschlussvorlage aber dazu ermächtigt, die Stellplatzverpflichtung „für das ganze Gemeindegebiet oder für genau abgegrenzte Teile des Gemeindegebiets einzuschränken, soweit Gründe des Verkehrs oder städtebauliche Gründe oder Gründe sparsamer Flächennutzung dies rechtfertigen“. Auch die komplette Aufhebung der Stellplatzverpflichtung sei möglich.
Der Zwang zum Nachweis von Stellplätzen führe in der hoch verdichteten Altstadt zu Schwierigkeiten für die Bauherrschaft und könne im Einzelfall „notwendige und für die Belebung der Altstadt wünschenswerte Bauvorhaben beeinträchtigen“. Dies betrifft sowohl Sanierungs- und Modernisierungsvorhaben als auch Neubauvorhaben und Nutzungsänderungen, wie es in der Beschlussvorlage heißt.

Die Fläche am Eckgrundstück Kittelgasse 10 ist jahrelang als Stellplatz genutzt worden und kann nun von einem Investor bebaut werden. Vorhandene Stellplatz-Baulasten stellten dabei laut Stadt zunächst ein großes Hindernis dar. (Archivfoto: Sophia Körber)

Bei Neubauten von Wohngebäuden in der Altstadt würde in Einzelfällen bereits von einer Abweichung der Stellplatzverpflichtung (ein Kfz-Stellplatz je Wohneinheit) Gebrauch gemacht. Dies sei zulässig, wenn die Herstellung „bei Ausschöpfung aller Möglichkeiten, auch unter Berücksichtigung platzsparender Bauarten der Kfz-Stellplätze oder Garagen, unmöglich oder unzumutbar ist“. Diese Abweichung gilt nur für Wohnungen und nicht für gewerbliche oder gastronomische Nutzungen.

12 782 Euro AblöseDer Stellplatznachweis ist in der eng bebauten Altstadt in der Regel nicht auf dem Baugrundstück oder einem Grundstück in der näheren Umgebung möglich. Dies könne laut LBO auch auf einem anderen Grundstück in zumutbarer Entfernung erfolgen. Hierfür ist dann eine öffentlich-rechtliche Baulast einzutragen.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, einen Ablösebetrag an die Gemeinde zu zahlen. Dies ist nur für gewerbliche oder sonstige Nutzungen, aber nicht für Stellplätze zugunsten von Wohnungen möglich. Die Ablösesumme je Stellplatz beträgt in der Innenstadt aktuell 12 782 Euro.
Vorhandene Stellplatz-Baulasten stellen laut Vorlage ein erhebliches Hindernis dar, minder genutzte Grundstücke einer neuen Nutzung zuzuführen. So sei es eine große Kraftanstrengung für die Bauherrschaft und die Verwaltung gewesen, das jahrelang als Stellplatzfläche genutzte und entsprechend belastete Eckgrundstück Kittelgasse 10 von der Baulast zu befreien.

Als freiwillige LeistungDie Abschaffung der Stellplatzverpflichtung in der Altstadt würde zu keinen nennenswerten Einbußen im städtischen Haushalt führen, da solche Ablösen unregelmäßig und in nicht kalkulierbarer Höhe in den städtischen Haushalt fließen.
Bei größeren Neubauvorhaben und wo keine zwingenden Gründe gegen die Herstellung von Stellplätzen sprechen, etwa aufgrund der Lage und Größe des Grundstücks, werden laut Vorlage auch künftig Stellplätze in ausreichender Anzahl hergestellt werden, da die Investoren in der Regel aus Vermarktungsgründen hieran ein eigenes Interesse haben. Dies würde dann in der Altstadt aber nicht aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgen, sondern als freiwillige Leistung.

HINTERGRUND
Ein lachendes und ein weinendes Auge
„Grundsätzlich begrüßen wir, dass die Stellplatzverpflichtung in der Innenstadt wegfallen soll“, sagt Ingo Fritz, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Stadtmitte, auf OT-Anfrage. Dass die Ablösesumme wegfällt, findet die Bürgergemeinschaft gut, da „keine Parkplätze gebaut wurden, sondern nur Kosten entstanden sind“, so Fritz. Es wird einfacher, in der beengten Altstadt zu bauen und die Innenstadt so attraktiver.
Auf der anderen Seite stehe aber die Frage, was mit den kleinen Flächen, die derzeit als Parkplatz genutzt werden, passiert. „Autos, die jetzt auf Flächen stehen, die einmal bebaut werden sollen, brauchen einen Ersatzparkplatz“. so Fritz.
Die Parksituation sei für Anwohner in der Innenstadt sowieso schon sehr eng, wenn weitere kleine Parkmöglichkeiten wegfallen, würde es noch enger. sb

Quelle Offenburger Tageblatt:
Text: Sandra Biegert
Archivfoto: Sophia Körber

OT - Stellplatzpflicht (Download als PDF-Dokument 733KB)